n.n. · ca. 1845

Dies ist eine außerordentlich gut erhaltene und schön gemachte Gitarre ohne erkennbare Reparaturen, allerdings auch ohne ein Label des Erbauers. Die sehr aufwendigen Intarsien auf der Decke – die Schalllochrosette ist wunderschön! – sind sehr ähnlich der in GRUHN & CARTER auf S. 9 ff abgebildeten und ebenfalls nicht signierten Gitarre. Historisch ist sie interessant, weil sie viele Details aufweist, die den Übergang deutscher Gitarrenbaukunst zur amerikanischen hin dokumentieren. Die Decke ist aus Fichte mit Leiterverbalkung, der Korpus aus brasilianischem Palisander, wobei der Boden innen mit Fichte und die Zargen mit Ahorn furniert sind; außen sind jeweils Zierstreifen aus Holz eingelassen. In den Pyramidensteg ist ein Steg aus Elfenbein eingelassen, der geschwungene Kopf ist in deutscher Machart angeschäftet; beide Details sind auch bei zeitgenössischen C.F.MARTIN zu finden. Die Mechaniken sind außergewöhnlich schön und aufwendig in den Kopf eingearbeitet. Dazu passt der hübsche originale Holzkoffer (coffin case). – Es spricht vieles dafür (z.B. auch Alpenfichte, europ. Ahorn), dass diese Gitarre in Deutschland, wahrscheinlich Markneukirchen gebaut und dann exportiert worden ist. Spätestens 1850 scheint sie jedenfalls in USA/Florida angekommen zu sein, denn da hat eine (ganz bestimmt junge und hübsche) Margret Abbott stolz ihren Namen samt Jahreszahl in die Decke eingeritzt! Das ist zwar ein Schönheitsfehler, aber auch ein interessanter Hinweis zur Geschichte dieser Gitarre: Sie stammt nachweislich aus dem Besitz der alteingesessenen Familie Abbott aus St. Augustin/FL, die dort seit 1565 dokumentiert ist (Fort „Castillo de San Marcos“). – Ach ja, spielen lässt sich das hübsche Stück auch noch, und sie klingt überraschend klar und gut!