AUBERT à Troyes · ca. 1785

Anläßlich eines Auslands-Aufenthalts meiner Tochter weilte ich mal wieder in Paris und schaute natürlich bei M. Bissonnets musikhistorischer Fundgrube vorbei. Wo ließe sich sonst eine historische Gitarre finden, so wie die von HENRI LeJEUNE. Und er hatte natürlich, z.B. eine wunderschöne LACOTE-Gitarre für 20000,- Euro; da musste ich leider passen! – Aber es gab auch dieses noch ältere Stück mit einem Brandstempel von AUBERT à Troyes, auf ca. 1785 geschätzt. Leider ist diese Gitarre nicht mehr ganz original. Kopf, Griffbrett und die Decke samt Brücke waren offensichtlich irgendwann erneuert bzw. umgebaut worden, leider wenig originalgetreu. Dafür war die Alte bezahlbar. Original sind Zargen und Boden der Gitarre mit abgesetzten Spänen aus Ahorn und Rosenholz, wie man es vom Lautenbau kennt. Auch der Hals samt Halsansatz ist so gestaltet und dürfte original sein. - Ich war schon lange auf der Suche nach einem ganz frühen Gitarren-Exemplar und ließ mich deshalb auf dieses Projekt ein. Jetzt gab es viel zu restaurieren bzw. zu rekonstruieren... Alte Abbildungen historischer Vorlagen halfen mir dabei. – Zum Ende des 18. Jahrhunderts hatte sich die Gitarre als 6-saitiges Instrument entwickelt; die 10-saitigen doppel-chörigen Vorläuferinnen wiesen meist noch verschiebbare, geknüpfte Darm-Bünde auf (Darmsaiten sowieso!) und kürzere Hälse. Bei der Gitarre kamen fixierte Bünde, zunächst aus Elfenbein, später dann aus Messing-Bunddraht, zum Einsatz, und der Halsansatz wanderte zum 12. Bund. Die Brücke wies noch keine separate Stegeinlage auf, was die Intonation einschränkt. Das Griffbrett war damals noch nicht von der Decke abgesetzt, genau wie bei den Lauten. Zur Saitenstimmung wurden wie dort Wirbel verwendet; erst Anfang des 19. Jh. kamen Mechaniken zum Einsatz (vgl. J.G.Staufer), ein abgesetztes Griffbrett, sowie die für eine saubere Intonation wichtige Steg-Einlage. -- Mit diesem Instrument von AUBERT aus Troyes/Frankreich liegt jedenfalls eine ganz frühe Form der Gitarre vor. AUBERT lebte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Troyes/Frankreich und baute gute Lauten und Gitarren. In Deutschland sind mir nur zwei weitere Exemplare bekannt: Eine Doppel-Hals-Gitarre der Sammlung Snoek, Berlin (No. 355), sowie eine 10-saitige der Sammlung Fritz Wildhagen in Haiensee, die der Beschreibung nach ähnlich wie meine gebaut ist und ebenfalls einen Brandstempel trägt. Gut möglich, dass die meinige ursprünglich auch noch für fünf Doppelsaiten ausgelegt war und später umgebaut worden ist.