Waldzither Ch. REISSER · 1930
Was hat eine Waldzither mit Wald, und was mit Zither zu tun? Nichts! - Im Mittelalter waren Kastenhals-Lauten noch Zithern genannt worden; dieser Name fand dann aber in den Weiterentwicklungen des Scheytholts seine Bestimmung, den sog. Tischzithern, die beim Spielen waagrecht liegen (vgl. Dulcimer, Epinette, Hommel, Cithera). Zupfinstrumente mit Hals und Griffbrett, die zum Spielen am Körper gehalten wurden, fanden sich dann unter dem Namen Zister. Diese hatten, kunstvoll verziert, in der höfischen Musik der Renaissance große Bedeutung und gerieten dann zunehmend in Vergessenheit. Ende des 19. Jahrhunderts fanden sie in vereinfachter Bauweise eine Renaissance bei der Jugend- und Wandervogel-Bewegung: Im Thüringer Wald war die Waldzither geboren worden! Die Bezeichnung "Thüringerwaldzither" wurde bald abgekürzt, und so blieb der etwas irreführende Name. Warum -Zither und nicht -Zister? Das habe ich nicht herausgefunden. - Diese (Thüringer-)Waldzither sieht der Portugiesischen Gitarre (Bandurra) auffallend ähnlich, zumal beide eine Schrauben-Fächer-Mechanik aufweisen. Die Waldzither ist allerdings anders gestimmt und hat nur neun Saiten (vier doppelchörige + eine Bass-Saite). Durch die offene Stimmung war sie sehr leicht zu erlernen und diente vor allem als Begleitinstrument für Volks- und Wanderlieder. - Die hier vorgestellte Waldzither trägt das Label des Musikhauses Reisser in Ulm. Dort ist sie einst wohl verkauft worden. Gebaut wurde es ca. 1930 im Vogtland. Im Buch von Franz Jahnel "Die Gitarre und ihr Bau" wird der detailierte Bauplan vorgestellt, korrekterweise unter der Überschrift: Eine Sister (Waldzither). Der birnenförmige Korpus ist schnörkellos aus Ahornspänen mit einer Fichtendecke gebaut, die Saitenbefestigung ist unterständig mit aufliegendem Steg. Das Instrument befindet sich in ausgezeichnetem Original-Zustand, ohne Reparaturen. Es gehört zu den frühen Flohmarkt-Funden von Stefan, ein Glücks-Griff! Heute findet man sowas dort nicht mehr.