S.L.MOSSMAN Flint HillS
·
1977
In den 60-ger und 70-ger Jahren war es aufgrund der Folk-Welle in den USA, die bekanntlich auch bald zu uns herüber schwappte, zu einem regelrechten Gitarren-Boom gekommen. Die großen Hersteller wie MARTIN und GIBSON expandierten, jedoch leider auf Kosten der Qualität. So versuchten junge, kleine Hersteller wie Gurian, FRANKLIN, TAYLOR, LARRIVE, BOZZOO, LOWDEN ... und eben auch S.L.MOSSMAN ihr Glück mit hochwertigen Gitarren, um sich ein Stück vom großen Kuchen heraus zu schneiden. Doch als der Boom abflaute, sind nur wenige davon übrig geblieben. Da war MOSSMAN bereits abgebrannt. Soweit der Vorgeschichte erster Teil.
Irgendwie hatte Dieter HOPF (Gitarren-Produzent und –Importeur) es Mitte der 70-ger Jahre einem kleinen Musik-Händler in Mainz schmackhaft gemacht, eine exclusive MOSSMAN-Gitarre in sein Schaufenster zu stellen, die so gar nicht zum ansonsten eher einfachen Angebot passen wollte. Und wie der Zufall so spielt, kam ich während eines Ausflugs von einem Studien-Praktikum in einem Heim für schwer erziehbare Jugendliche just an diesem Schaufenster vorbei, und zwar in einem Zustand tiefer innerer Aufgewühltheit. Meine jüngst erworbene Gitarre von
Les BROWN war aufgrund des trockenen Klimas in einzelne Späne zerfallen... Da entdeckte ich die Mossman! Welch edles Design, welch Klang! Den Namen MOSSMAN kannte ich zwar nicht, doch mir war sofort klar, dass diese Gitarre in derselben Liga spielte wie die berühmte
MARTIN D-28. Und genau das reizte mich: eine hochwertige Gitarre, doch nur Insidern ein Begriff; Understatement war angesagt. Bloß keine MARTIN wollte ich, die war ja jedermanns Traum und so selten wie ein Mercedes, der an jeder Ecke steht... Vintage-Gitarren waren für mich damals noch kein Thema. Später sollte sich das nachhaltig ändern! - Für diese Mossman Flint Hills kratzte ich alle meine Ersparnisse zusammen, und dafür erwartete ich nicht weniger als Perfektion! Natürlich suchte und fand ich bald kleine Mäkel und bestand mäkelnd gegenüber der Fa. HOPF auf Umtausch. Nach langem Hin und Her durfte ich deren gesamtes Mossman Lager durchtesten und war ernüchtert: keine war perfekt, einige sogar ziemlich mies! Was ich damals noch nicht wußte: Ich sah die Auswirkungen der zu schnellen Geschäfts-Expansion von S.L.Mossman, sowie der miserablen Zwischenlagerung des damaligen Mossman-Exporteurs C.G.Conn. Immerhin konnte ich die Beste von Vielen auswählen, und die war wirklich gut. Diese wurde mir allerdings ein paar Jahre später nach einem Gig geklaut; zum Glück war sie versichert gewesen. Doch die Wieder-Beschaffung gestaltete sich dann sehr schwierig: Die Firma MOSSMAN lieferte nicht mehr, der Importeur hatte keine mehr. Doch ich war vernarrt und wollte wieder eine Mossman haben! Nach langer Suche fand ich in Hamburg bei No.1 tatsächlich noch zwei fabrikneue Exemplare – keine war perfekt, beide aber sehr gut. So kaufte ich gleich beide - eine davon für Freund Luki! Soweit der Vorgeschichte zweiter Teil.
Und jetzt endlich zur Gitarre selbst: Wie alle MOSSMAN ist die "Flint Hills" eine Dreadnought und geht damit auf die
MARTIN D-28 zurück. Die Decke ist aus sehr feiner Fichte, Boden und Zargen aus indischem Palisander, der Hals aus einem Mahagoni-Block mit Stahlstab (der durch den Hals-Block einstellbar ist). Die Deckenverbalkung zeigt das bekannte X-Bracing mit Variationen (auch im Vergleich mit meinen beiden anderen Mossmans), in ziemlich steifer Auslegung, denn diese Gitarren waren speziell für das kräftige Flatpicking der Bluesgrass-Musik konzipiert. Dementsprechend ist der Klang sehr stark und klar, und er hält dem Vergleich mit einer zeitgenössischen Martin D-28, dem berühmten Vorbild und konkurrenten, locker stand. Schalloch- und Rand-Einlagen sind mit Holz-Intarsien eingelegt, die Verarbeitung ist sehr sauber und professionell. Meine ´Flint Hills` hat sich bestens, ohne eine Reparatur gehalten und zeigt trotz jahrelanger intensiver Bespielung nur geringe Spiel-Spuren. Fazit: Eine Dreadnought im besten Sinne! Und so gut wie unersetzbar. Ich mag und spiele sie immer noch gerne, trotz aller Vintage-Konkurrenz. Von Perfektionsanspürchen habe ich mich schon lange verabschiedet. Als Extra war bereits ab Werk ein Barkus Berry Tonabnehmer installiert mit der Anschlussbuchse im Endpin. Dieses nahezu unsichtbare System liefert auch im Vergleich zu heutigen Pickups einen sehr schönen Sound. Der originale Hartschalenkoffer scheint so gut wie unzerstörbar...