S.L.MOSSMAN Custom
·
1974
Über die Geschichte dieses Gitarrenbauers hat Eric C. Shoaf geschrieben: Stuart ("Stu") L. MOSSMAN begann 1965 in Winfield/Kansas mit hohem Qualitätsanspruch professionell Gitarren zu bauen. Die marktbeherrschende MARTIN Dreadnought galt hierfür als Vorbild und Maßstab. Stu beschritt dabei durchaus eigene Wege, einmal abgesehen davon, dass er sich auf die Form der Dreadnought spezialisierte. Diese galt bei der anvisierten Zielgruppe der Countrymusiker als das Maß der Dinge. Er experimentierte viel mit der Deckenverbalkung und modernen Fertigungsmethoden wie z.B. angeschraubten Hälsen. Damit war er ein Vorreiter z.B. der TAYLOR-Gitarren. Ab 1970 wurde mit dem Serienbau begonnen, zunächst in bescheidener Stückzahl. Stets wurden alle Gitarren von den beteiligten Handwerkern auf dem eingeklebten Etikett signiert. Ab 1974 wurde die Produktion langsam gesteigert, ein Jahr später sollte sie etwa 100 Stück pro Monat betragen; eine Erfolgs-Story? – Die verhinderte ein verheerendes Feuer, das zerstörte einen Teil der Produktionanlagen (ersetzbar!), und außerdem die gesamten Holzvorräte von Rio-Palisander, unersetzbar! Das war damals bereits nicht mehr lieferbar aus Gründen und im Interesse des Naturschutzes (MARTIN hatte bereits 1969 den Verbau von Rio durch ostindisches Palisander ersetzt). Doch S.L.MOSSMAN machte einen Neuanfang mit Hilfe eines staatlichen Kredits, er startete richtig durch. Er verbaute nun ebenfalls ostindisches Palisander, übertrug den Vertrieb auf C.G.Conn und steigerte die Produktion auf 150 Gitarren pro Monat. Mag sein, dass darunter die Qualität schon etwas gelitten hat. Der Absatz lief jedenfalls nicht mehr so wie erhofft, die Folk-Welle war am abflauen und damit die Nachfrage. So kam es, dass 1977 schon unglaubliche 1200 fertige MOSSMANs in der offenbar sehr schlecht klimatisierten Halle von C.G.Conn lagerten, was zu Lack- und Holzschäden führte, und damit zu starker Wertminderung. Die deshalb mit hohen Nachlässen verramschten Gitarren konkurrierten dann mit den teuren aus der aktuellen Produktion, die deshalb stark zurückgefahren werden musste. Keine Erfolgs-Story! Außerdem ging es mit der Gesundheit von Stuart MOSSMAN bergab. Er verkaufte 1986 seine Firma an Scott Baxendale, einen ehemaligen Angestellten (heute führt der den Colfax Guitar Shop in Denver, CO). Der wiederum verkaufte den Laden nach nur drei Jahren an J.Kinsey & B.Casey, die bis heute in Texas unter dem Label MOSSMAN sehr exclusive Gitarren in geringer Stückzahl bauen; eine Superlative ist im Buch von GRUHN abgebildet. Das ist S.L.Mossman zu gönnen.
Meine S.L.MOSSMAN Custom entstand als Einzelstück. Diese Gitarre ist aus wunderschön gezeichnetem Rio-Palisander gebaut und stammt somit aus der Zeit vor dem Feuer. Sie weist einige sehr ungewöhnliche Details auf: Der Slotted peghead (durchbrochene Kopf) dürfte bei Mossman-Gitarren einmalig sein und trägt zudem eine Auflage aus echtemm Elfenbein; der Hals ist breiter und stärker als bei den Serien-Modellen, ähnlich den Martin Vorkriegs-Gitarren. Damit dürfte sie die einzige Mossman speziell für Fingerstyle-Spiel sein. Die Brücke ist komplett aus Elfenbein, das in den 70-er JAhren bereits unter das Artenschutz-Gerbot fiel. Die Decke ist tobacco-sunburst lackiert und mit aufwendigen Abalone-Randeinlagen sowie einer halbrunden Intarsie verziert. Manche dieser Details erinnern an alte, kleine Parlor-Gitarren; in Kombination mit dem großen Dreadnought-Korpus mutet diese Ausstattung etwas merkwürdig an. Der Klang dieser Gitarre ist jedenfalls über alle Kritik erhaben und ebenso riesig wie deren Ausmaße: sehr starke, markante Bässe, brillante Höhen, dynamisch und durchsetzungsstark, perfekt für Folkbands, aber auch sensibel für Finger-Picking und Liedbegleitung, wirklich toll! – Die "Inneneinrichtung", d.h. die Verbalkung unterscheidet sich in manchen Details von meinen späteren MOSSMAN-Gitarren aus den Jahren 1976 und 1977. Beispielsweise verlaufen die Tonbalken hinter der Brücke hier parallel zur Brücke und nicht diagonal; da wurde immer weiter experimentiert. – Eine ganz außergewöhnliche Gitarre! Signiert ist sie, ebenso außergewöhnlich, allein von Mark Tossman. Der war ab 1975 und somit nach dem Feuer Mitarbeiter bei Mossman, so hat er mir selbst berichtet. Ich fand seinen Namen zufällig bei Jetcityguitars in Seattle wieder, wo er als Repairman arbeitete. Über ihn erfuhr ich, dass der Gitarren-body von Eddie Holick, der treibenden Kraft hinter Stuart Mossman, gebaut worden war. Der Hals stammte von Chris Fisher, ebenfalls Mitarbeiter. Beides zusammengebracht und die Gitarre später fertiggestellt hat Mark Tossmann.