GIBSON L-2
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1930/31
Im Jahr 1926 hatte Gibson mit dem Bau von Flattop-Gitarren begonnen, das erste Modell war die L-1. Die Modellreihe wurde alsbald ausgeweitet nach unten (L-0, L-00) und ab 1929 nach oben (L-2). Dabei wurde sie laufend modifiziert: Die L-2 hatte zunächst den Halsansatz am 13. Bund und eine unterständige Saitenhalterung mit aufliegendem Steg, sowie ein angeschraubtes, schwebendes Schlagbrett. Das waren Charakteristika der Archtops, mit denen Gibson damals durch die L-5 von Lloyd Loar zu Ruhm und Ehren kam; die sollten wohl auch das Top-Modell der L-Serie aufwerten (wie auch die Nick-Lucas-Special). 1930/31 bekam die L-2 dann den Halsansatz am 12. Bund, sowie Rand- und Schallocheinlagen in "Sparkling Gold"(völlig abgefahren!); die Sunburst-Lackierung kam in "Argentinian Grey", so was gab`s nie wieder! Die hochwertigen gravierten Waverly-Mechaniken, Perlmutt-Einlagen im Kopf, eingefasstes Griffbrett, mehrlagige Bindings und Schalllocheinlagen unterstreichen die Position des Top-Modells. Auch das Innenleben, d.h. die Verbalkung war im Vergleich zu den Schwester-Modellen verfeinert worden. Es wurden nur wenige davon gebaut, und ein Jahr später kamen wieder tief greifenden Modifikationen, und 1934 wurde die L-2 eingestellt.
Wie ich zu dieser L-2 gekommen bin, bzw. sie zu mir, die Irrungen und Wirrungen, das ist eine längere Geschichte: Gefallen haben mir die Gitarren der L-Serie schon lange, doch irgendwie war ich nie recht zufrieden damit, was ich hatte: Zuerst war es eine GIBSON L-1 von 1935; die klang mir zu trocken und ich tauschte sie gegen eine wunderschöne L-3. Sie hatte die Korpusform für die allererste Gibson Flattop vorgegeben, die L-1 von 1926 (vgl. auch meine
GIBSON Nick-Lucas-Special). Die L-3 war eine frühe Form der Archtop, und damit fiel sie total aus dem Rahmen meiner Sammlung. Doch das wäre es nicht gewesen: klanglich und spieltechnisch überzeugte sie mich nicht; ich hatte mich von der Optik verführen lassen, und dem fantastischen Erhaltungszustand. Also suchte ich weiter und hatte im Vorfeld einer USA-Reise zusammen mit meiner Frau anno 2000 im Internet bei Bernunzio/Rochester eine L-2 von 1933 ausgekundschaftet; doch als ich dort ankam, war die bereits weg. Per Zufall fand ich am selben Ort eine
L-Century, die war und ist wirklich gut, und ausgefallen dazu. Doch fehlte mir nun das Übergangsmodell von der Urform der L-Serie mit Halsansatz am 12. Bund und dem neueren Modell mit Halsansatz am 14. Bund und geändertem Korpus-Design, wie es die L-C vorweist: zwischen 1928 und 1931 war die neue Korpusform noch mit dem 12-Bund-Halsansatz gebaut worden, und so wollte ich eine haben! Zum Glück konnte ich zu dieser Zeit die Archtop L-3 gut verkaufen. Also konnte ich und ließ suchen, und Willi wurde (wieder mal) fündig: Eine sehr gute 12-Bund L-1 war nach einigem Hin und Her und einigen Reparaturen gerade mein geworden – zwei Wochen später wurde er schon wieder fündig, und wie! Er tat eine noch bessere L-2 auf, und ich verfluchte meine Ungeduld! Doch das Bessere ist nun mal der Feind des Guten, und nach weiterem Hin und Her, Tausch und Aufzahlung schloß sich mit der L-2 der Kreis der unerfüllten Wünsche von Rochester... Und das lange währende Hin und Her mit L-Serie-GIBSONs hat damit hoffentlich ein Ende gefunden!
Denn diese L-2 ist wirklich ein Super-Teil: Gänzlich original mit wunderbar gealtertem Lack (in dem ungewöhnlichem o.g. Argentinisch-Grau-Sunburst, das einen moosigen Farbton angenommen hat), nur minimalen Reparaturen (ein Haar-Riss des Bodens), und einem überragenden Klang: warm, samtig, doch auch klar und kräftig; die best klingende kleine Gibson, die ich je gehört habe!