C.F. MARTIN & Co. 2-21 · 1889

MARTIN begann Mitte des 19. Jahrhunderts seine Gitarren-Modelle entsprechend ihrer Größe absteigend durch zu nummerieren, die Güte ihrer Ausstattung dagegen in aufsteigenden Zahlen. So war um 1850 die Größe 1 das größte Modell und 3 ½ das kleinste. Nach oben folgte bald die 0 (vgl. MARTIN 0-26), nach unten 4 und 5. – Die vorliegende 2-21 erscheint uns heute als sehr zierliche Gitarre, damals war sie Mittelklasse (und im Vergleich zu Instrumenten Anfang des 19. Jh. geradezu groß, vgl. LeJEUNE). Im Katalog von 1898 ist sie folgendermaßen deklariert: "No. 2 for ladies or wherever a clear, even tone of moderate loudness is wanted." Die Decke des vorliegenden Exemplars ist in traditioneller Weise fächerverbalkt und zeigt damit, dass MARTIN seine damals schon bewährte X-Bebalkung (vgl. auch 0-26) nicht durchgängig einsetzte. Korpus aus Fichte und Rio-Palisander, durchbrochener Kopf mit gravierten Messing-Band-Mechaniken war bei allen Modellen damals Standard. Der Ausstattungs-Stil –21 hatte sich (wie die andern auch) ab ca. 1860 herausgebildet und weist Heringbone-Schalloch-Einlagen sowie –Bodenfuge auf, mehrfarbiges Holz-Binding, Pyramiden-Steg und Griffbrett aus Ebenholz. Dies wurde über Jahrzehnte beibehalten (noch heute gibt es mit einigen Vereinfachungen den Style –21!), ein Charakteristikum der konservativen Modell-Politik der Firma C.F.MARTIN & Co. -- Die Stimm-Mechanik (zeit-typisch ´verkehrt` montiert) erlaubt - bei aller Vorsicht, dass die Decke nicht überlastet wird - das Aufziehen von Stahl-Saiten , obwohl diese Gitarren bis Mitte der 1920-er Jahre ausschließlich für Darm- bzw. Nylon-Saiten konzipiert waren. Mit solchen Stahl-Saiten (extra-light natürlich) entfaltet sie bereits das wunderbar brillante MARTIN-Klangbild, das den legendären Ruf dieser Gitarren begründete. – Ich entdeckte diese 2-21 während meiner ersten USA-Reise 1979 in San Francisco bei "The Fifth String" (einem Banjo-Laden, wie man aus dem Namen schließen kann; mein Reisebegleiter Luki hatte den aufgetan) und kaufte sie ziemlich ahnungslos nach dem Motto "kleine alte MARTIN = toll", zumal sie wirklich preiswert war. Der Ladeninhaber hatte mich auf die kleine, unscheinbare Gitarre aufmerksam gemacht, sonst hätte ich sie womöglich übersehen!. Und ich hatte viel Glück: Diese Gitarre ist in bestem Original-Zustand, ohne jegliche Reparaturen, nur der Lack ist etwas ausgebleicht von der kalifornischen Sonne. Da C.F.MARTIN erst ab 1898 Produktions-Nummern einführte und jeweils in den Oberblock einprägte, konnte ich das genaue Baujahr erst nach einem Insider-Tip bestimmen: Bei vielen Instrumenten dieser frühen Ära ist sie mit Bleistift auf der Innenseite der Decke notiert (und lässt sich über das Schalloch mit einem kleinen Spiegel + Taschenlampe spiegelschriftlich entziffern): 1889! Wie viele 2-21 bis 1898 gebaut worden sind, bleibt ungeklärt; von da bis 1929 waren es gerade mal 12. Jedenfalls hat dieses Schnäppchen nachhaltig dazu beigetragen, dass sich der ´Vintage-Bazillus` bei mir ausbreiten konnte... Kleine alte Martin = wirklich toll!