C.F. MARTIN & Co. 12-35 · 1968

Mitte der 60-ger Jahre wurde es immer schwieriger, nennenswerte Mengen von brasilianischem (Rio-)Palisander mit dem für Dreadnought-Böden nötigen Durchmesser zu beschaffen. Ein Quer-Einsteiger bei Martin, Bob Johnson war eigentlich als Rechnungs-Experte angestellt worden, hatte dann die unkonventionelle Idee, Böden aus drei schmaleren Stücken anstatt aus zweien zu bauen. Solche Rohlinge waren noch genügend im Lager. So wurde 1965 die Martin D-35 geboren, die sich allerdings in vielen weiteren Details von der bekannten >> Martin D-28 unterschied: Die neue Boden-Konstruktion machte eine modifizierte Verbalkung notwenig, und die Decken-Verbalkung wurde dem auch angepasst. Die etwas leichtere Auslegung ergab ein weicheres und wärmeres Klangbild. Außerdem bekam die D-35 eine aufwendigere Ausstattung der Bindings und des Griffbretts. In der Modellhierarchie rangierte sie damit – wie die Typen-Zahl ausweist – über der D-28. Diese neue, modernere Dreadnought verkaufte sich bald sehr gut; Mitte der 70-ger Jahre übertraf sie sogar den Klassiker D-28! - Zur Zeit der Entwicklung der D-35 war mit der Welle der Folksinger die Nachfrage nach 12-saitigen Gitarren gewachsen. Damit hatte Martin nur sehr wenig Erfahrung (seit 1913 waren gerade mal sechs Gitarren auf Kundenwunsch in 12-saitiger Ausführung hergestellt worden). Man wollte da nicht recht ran, fürchtete Probleme mit der Statik aufgrund des höheren Saitenzugs. Doch man wollte den Folk-Zug auch nicht verpassen, und so wurde 1964 die erste Martin-Serien-12-String vorgestellt, die D 12-20, ein Mahagoni-Modell, ähnlich ausgestattet wie die >>Martin D-18. Ein Jahr später folgte dann als Palisander-Modell die D 12-35. Man hatte sich also für die modernere Ausführung 35 statt der 28 entschieden. Allerdings hatten diese 12-saitigen Modelle im Gegensatz zu ihren 6-saitigen Schwestern den Halsansatz am 12. Bund anstatt am 14., vermutlich um die Stabilität des Halses zu gewähren. Der Kopf war durchbrochen und trug seitliche Band-Mechaniken. Damit wurde das Design der S-Serien voraus genommen, die ein Jahr später auf den Markt kamen (6-saitige Dreadnoughts mit 12-Bund-Halsansatz und durchbrochenem Kopf). Die 12-Saiter wurden vom Markt gut aufgenommen. Ab 1970 wurden die Modelle umgestellt auf 14-Bund-Bauweise. – Meine D 12-35 ist Baujahr 1968 und daher noch aus Rio-Palisander gebaut, und aus was für einem: aufregende, fantastische Maserung! Ende 1969 hatte Brasilien die Ausfuhr dieses wertvollen Tropenholzes verboten, und Martin stellte die gesamte Produktion auf ostindisches Palisander um, was allerdings optische wie klangliche Qualitätseinbußen brachte. Dementsprechend sind die früheren Modelle wesentlich höher bewertet. Diese Martin schaut toll aus und klingt wunderschön, flirrend und vielschichtig, fast wie eine Orgel. Kaum erwähnenswert: der ausgezeichnete Original-Zustand! Selbst das schwarze Pickgard ist original (es wird gerne durch ein tortoise-farbenes ersetzt).